Stoßwellentherapie bei Nackenbeschwerden
Ursprünglich für andere Behandlungsfelder, wie vor allem zur Nierensteinzertrümmerung eingesetzt, wird die fokussierte Stoßwellentherapie mittlerweile auch bei chronischen Verspannungen, Triggerpunkten und Muskelverhärtungen im Nacken und Schulterbereich mit Erfolg angewandt.
Eine Studie aus dem Jahr 2019, veröffentlicht im Journal of Pain Research, untersuchte die Auswirkungen von fokussierten Stoßwellen auf chronische Nackenschmerzen. Die Autoren berichteten über signifikante Verbesserungen bei den behandelten Patienten hinsichtlich Schmerzlinderung und Funktion.
Eine weitere Studie, die 2020 im Journal of Pain Research veröffentlicht wurde, fand heraus, dass die Stoßwellentherapie bei Patienten mit Nackenschmerzen aufgrund von Myofaszialen Schmerzsyndromen positive Ergebnisse erzielen kann.
In der Schmerztherapie kann zusätzlich die Triggerpunkt- oder Akupunktur-Stoßwellentherapie eingesetzt werden. Weitere Anwendungsfelder der Stoßwellentherapie in Wiesbaden finden Sie auf der QIMOTO Homepage.
Wie wirkt die Stoßwellentherapie?
Während die genauen Wirkmechanismen noch nicht vollständig verstanden sind, gibt es einige Theorien darüber, wie diese Therapie wirken könnte:
- 1. Schmerzlinderung durch Nervenblockade: Stoßwellen könnten vorübergehend die Nervenfasern blockieren, die Schmerzsignale übertragen, was zu einer vorübergehenden Schmerzlinderung führen kann.
- 2. Förderung der Durchblutung: Stoßwellen könnten die Durchblutung in den behandelten Bereichen verbessern, was zur Reduzierung von Entzündungen und zur besseren Versorgung der Gewebe mit Nährstoffen führen kann.
- 3. Kollagenabbau und Neubildung: Die Stoßwellentherapie könnte die Umstrukturierung von Bindegewebe stimulieren, was bei der Lockerung von verspanntem Gewebe und der Verbesserung der Beweglichkeit helfen kann.
- 4. Stimulierung von Stammzellen und Gewebereparatur: Es wird vermutet, dass Stoßwellen die Aktivierung von körpereigenen Stammzellen fördern könnten, die zur Reparatur von geschädigtem Gewebe beitragen.
- 5. Entzündungshemmung: Stoßwellen könnten die Freisetzung von entzündungshemmenden Substanzen anregen, was zur Verringerung von Entzündungen und Schmerzen beitragen kann.
Welche Stoßwellenarten sind bei Nackenbeschwerden möglich?
Fokussierte extracorporale Stoßwellentherapie (ESWT)
In der fokussierten Stoßwellentherapie wird die gleiche Therapieart wie in der Nierensteinzertrümmerung genutzt. Über die Generierung eines piezoelektrischen Impulses wird eine hohe Energiedichte fokussiert in die zu behandelnde Region des Körpers eingebracht.
Im Vergleich zur Behandlung von Nierensteinen sind in der Orthopädie deutlich niedrige Energiedosen erforderlich. Der Vorteil der fokussierten Stoßwellentherapie liegt in der Bündelung der Energie auf einzelne Bereiche des Körpers. So können ganz gezielt Verkalkungen oder Entzündungen im Übergang zwischen Sehne und Knochenhaut behandelt werden. Auch hier erfolgt keine Verletzung der Haut.
Je nach Stärke der vorhandenen Reizung kann die Behandlung zu einem Druckgefühl, teilweise auch zu einer Schmerzhaftigkeit führen. Die Behandlungsdauer beträgt im eigentlich nur einige Minuten, sodass eine spezielle Betäubung nicht erforderlich ist. Auch nach der Behandlung treten keine anhaltenden Beschwerden auf. Aufgrund der Tiefenwirkung und der hohen Energiedichte ist diese Therapieform auch zur Behandlung von schlecht heilenden Knochenbrüchen, chronischen Knochenhautreizungen und zur Stimulation der Knochen-Knorpelregeneration zugelassen.
Fokussierte Stoßwellentherapie bei Rücken- und Nackenschmerzen
Ebenfalls eine neuere Anwendung der Stoßwellentherapie ist die Behandlung chronischer Rückenschmerzen. Ähnlich wie bei der Akupunktur wird dabei über die lokale Stimulation des Heilungsvorganges und Veränderung der reflektorischen (d. h. reflexartig über das Nervensystem verbunden) Schmerzwahrnehmung der Heilungs- und Regenerationsprozess angeregt.
Im Vergleich mit der Akupunktur sind zumeist 3 – 5 Behandlungen ausreichend, um einen zusätzlichen Heilungsimpuls auszulösen. Da auch hier keine Verletzung der Haut erfolgt, ist die Methode im Wesentlichen nebenwirkungsfrei.
Sie besitzt darüber hinaus den Vorteil, dass die Behandlungsdauer sehr kurz ist und anschließend keine besonderen Verhaltensmaßnahmen wie körperliche Ruhe oder Schonung eingehalten werden müssen.
Triggerpunkt-Stoßwellentherapie
Bei der Triggerpunktbehandlung durch Stoßwellen handelt es sich um eine neuere Anwendungsform. Als Triggerpunkt (Tenderpoints) bezeichnet man schmerzhafte Areale in der Muskulatur oder im Sehnenverlauf.
Ausgehend von diesen schmerzhaften Arealen entstehen Verspannungen und Fehlhaltungen, die zu einer anhaltenden Schmerzsymptomatik führen können. Wenn sich diese Triggerpunkte nicht durch gezielte Behandlungen lösen lassen sind oft Wirbelsäulenskoliosen, Bandscheibenabnutzungen oder chronische Schmerzsymptome die Folge.
Bereits mit einigen therapeutischen Anwendungen der Stoßwelle ist es möglich die entsprechenden Zonen zu lockern und eine Entspannung des Bewegungssystems zu erreichen. Insbesondere wenn sich durch Krankengymnastik, Massagen oder manuelle Therapie keine ausreichende Lockerung und Verbesserung der Symptomatik erreichen lässt, empfiehlt sich diese Behandlungsform. Gute Erfolge bestehen auch in der Behandlung von festsitzenden Blockierungen im Bereich der Wirbelsäule, des Beckens oder des Iliosakralgelenkes.
Aufgrund der guten Wirksamkeit wird Triggerpunkt-Stoßwelle wird diese Therapieform bereits in manchen Sport- und Olympiastützpunkten regelmäßig zur begleitenden Behandlung und zur Vorsorge eingesetzt.
Akupunktur-Stoßwellentherapie
Die neue Akupunktur-Stoßwellentherapie ermöglicht erstmals die Wirkung der Nadelakupunktur und die der Akupunkturpunktbehandlung zu verbinden. Durch das Akupunktur-Stoßwellengerät werden an den speziellen Akupunkturpunkten über die schnelle Abfolge kurzer Druckimpulse ähnliche Wirkungen wie mit der Nadelakupunktur erreicht.
Bei dieser Stoßwellentherapie kommt es zu keiner Verletzung der Haut, der gelegentlich schmerzhafte Nadelstich der klassischen Akupunktur kann vermieden werden, durch die kurze Behandlungszeit werden Überlastungen und Reizungen an der Haut vermieden.
Durch die Stimulierung der Akupunkturpunkte kommt es zu einer schmerzlindernden und durchblutungssteigernden Wirkung. Besonders bewährt hat sich die Akupunktur-Stoßwellentherapie bei chronischen Gelenkschmerzen, Hüft- und Kniearthrose (Verschleiß), Schulter-Arm-Schmerzen, Rückenschmerzen, wiederholten Blockierungen, Muskelverspannungen und chronischen Sehnenentzündungen.
Radiale Stoßwellentherapie
Mit der radialen Stoßwellentherapie werden Triggerpunkte behandelt. Verhärtete Muskelpartien werden durch den Einsatz der Stoßwelle entspannt und gelöst.
Zusätzlich werden Stoffwechselprozesse angeregt und somit körpereigene Reparaturmechanismen in Gang gesetzt.
Fokussierte, Triggerpunkt-, mechanische oder Akupunktur-Stoßwellen-Therapie?
Welche Behandlungsform ist die Richtige für mich?
Oberflächliche Muskelverhärtungen, wie z. B. bei Nackenverspannungen vorliegen, werden oft besser durch die mechanische Stoßwellentherapie behandelt.
Bei chronischen Schmerzen oder bei länger bestehenden Entzündungen hat sich die Kombination beider Behandlungsverfahren bewährt.
Die fokussierte Stoßwelle ist besonders bei chronischen Schmerzen indiziert. Bei tiefer liegenden Prozessen kann über die Fokussierung des Impulses eine genauere Steuerung der maximalen Wirktiefe erreicht werden. Bei oberflächlichen Muskelverspannungen bewirkt die mechanische Stoßwelle eine Lockerung und Dehnung des Muskels, die fokussierte Stoßwelle führt zu einer Entladung und Entspannung verkrampfter Muskulaturanteile.
Neue Studienergebnisse gehen zudem davon aus, dass die fokussierte Stoßwelle besonders auf die Schmerzchronifizierung und damit auch auf das Schmerz-Nervensystem wirkt.
Die Akupunktur-Stoßwelle wirkt über den lokalen Bereich des Nacken hinaus und kann deshalb zusätzlich Symptome wie Schwindel, vegetative Störungen, Entspannungsstörungen, Schlafstörungen oder Magen-Darm-Probleme mit behandeln.
Literatur
Hye Min Ji, Ho Jeong Kim, Soo Jeong Han: Extracorporeal Shock Wave Therapy in Myofascial Pain Syndrome of Upper Trapezius; Ann Rehabil Med 2012; 36 (5): 675-680
Ji Hyun Jun 2, Geun-Young Park, Choong Sik Chae, Dong-Churl Suh:
The Effect of Extracorporeal Shock Wave Therapy on Pain Intensity and Neck Disability for Patients With Myofascial Pain Syndrome in the Neck and Shoulder:
A Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials; Am J Phys Med Rehabil, 2021 Feb 1;100(2):120-129.
Die Studie mit dem Titel "The Effect of Extracorporeal Shock Wave Therapy on Pain Intensity and Neck Disability for Patients With Myofascial Pain Syndrome in the Neck and Shoulder: A Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials" untersucht die Wirksamkeit der extrakorporalen Stoßwellentherapie bei der Behandlung des myofaszialen Schmerzsyndroms im Nacken- und Schulterbereich im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden.
Zielsetzung: Das Ziel der Studie war es, die Wirksamkeit der extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) bei myofaszialen Schmerzsyndromen im Nacken- und Schulterbereich im Vergleich zu anderen Behandlungen zu bewerten.
Datenquellen: Systematische Suche in PubMed, Embase und Web of Science bis zum 30. Mai 2019, um randomisierte kontrollierte Studien auszuwählen.
Überprüfungsmethoden: Eingeschlossen wurden randomisierte kontrollierte Studien, die ESWT mit Schein-ESWT oder anderen Behandlungen bei Patienten mit myofaszialem Schmerzsyndrom vergleichen. Zwei Reviewer identifizierten unabhängig voneinander geeignete Studien und die methodologische Qualität der eingeschlossenen Studien wurde anhand des Cochrane Handbuchs bewertet. Hauptergebnisse bezogen sich auf Schmerzintensität, Druckschmerzschwelle und Nackenbehinderung.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 11 randomisierte kontrollierte Studien eingeschlossen. Die Ergebnisse zeigten, dass ESWT eine große Wirkung auf die Verbesserung der Schmerzintensität (standardisierte mittlere Differenz [SMD] = 0.67, 95% Konfidenzintervall = 0.11 bis 1.23, P = 0.02) und der Druckschmerzschwelle (SMD = 1.19, 95% Konfidenzintervall = 0.27 bis 2.12, P = 0.01) nach der Intervention hatte. Jedoch gab es keine signifikante Wirkung auf die Nackenbehinderung nach der Intervention (SMD = 0.03, 95% Konfidenzintervall = -0.76 bis 0.83, P = 0.93). Nach Subgruppenanalysen zur Art der ESWT zeigte sich, dass fokussierte ESWT eine signifikante Wirkung auf die Verbesserung der Schmerzintensität (SMD = 0.75, 95% Konfidenzintervall = 0.13 bis 1.36, P = 0.02) und der Druckschmerzschwelle (SMD = 1.70, 95% Konfidenzintervall = 0.21 bis 3.18, P = 0.03) im Vergleich zu anderen Behandlungen hatte.
Schlussfolgerungen: Extrakorporale Stoßwellentherapie ist anderen Behandlungen überlegen, wenn es darum geht, die Schmerzintensität und Druckschmerzschwelle von Patienten mit myofaszialem Schmerzsyndrom im Nacken- und Schulterbereich nach der Intervention zu lindern. Insbesondere zeigt die fokussierte (hochenergetische) ESWT signifikante Verbesserungen in der Schmerzlinderung. Die Wirksamkeit der radikalen (mechanischen) ESWT zur Behandlung des myofaszialen Schmerzsyndroms bleibt jedoch unklar.
Aus rechtlichen Gründen erforderlicher Hinweis zur Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode:
Die auf diesen Seiten dargestellten Behandlungsmethoden werden in der Wissenschaft in ihrer Bedeutung und Tragweite nicht einheitlich beurteilt. Auch liegen diesbezüglich noch keine randomisierte placebokontrollierte Doppel-/Blindstudien vor, wie es die höchstrichterliche Rechtsprechung bei gesundheitlichen Wirkaussagen fordert, und wie sie bei bestimmten Medikamenten vorhanden sind.
Die entsprechenden Möglichkeiten die Behandlungen in diesen "Doppel-Blind-Studien" zu überprüfen werden jedoch kontrovers diskutiert. Ärztliches Wissen und juristische Betrachtungsweise stimmen ebenso wie medizinische Erfahrung und Wissenschaft nicht immer überein.