Informationen zum Stress-System

Das vegetative (auch autonome) Nervensystem ist, wenn wir die Entwicklungsgeschichte des Menschen ansehen, ein Bereich des Gehirns, der bereits sehr früh entwickelt wurde. Wir können es uns so vorstellen, dass in der weiteren Evolution Gehirnareale, z.B. das Großhirn,  dazu kamen und sich auf diesen, bereits bestehenden Bereich, aufgesetzt haben.

Wann immer unser Nervensystem eine Situation als Gefahr wahrnimmt, reagieren diese Anteile des autonomen Nervensystems sofort mit Maßnahmen, die unser Überleben sichern sollen. Diese Reaktionen auf Gefahr sind in unserem Gehirn fest programmiert. Die Hauptaufgabe:
Bereitstellung von Energie um körperliche Gefahren durch Kampf  zu begegnen oder durch Flucht zu entkommen.

Die Verschaltungen in unserem Gehirn sind dabei so angelegt, dass alle Sinneskanäle (Augen Ohren, Nase) mit denen wir Gefahren wahrnehmen können, direkten Kontakt  zu den Schaltzentralen im autonomen Nervensystem haben. Diese reagieren bei einer Situation, die unser Gehirn als Gefahr deutet, sofort mit der Bereitstellung von Energie.
Da unser Gehirn sich entwickelte, indem es primär wichtig war körperlich zu überleben, entstand ein Reaktionssystem, das auf lebensbedrohliche Situationen ausgerichtet war: In diesem Zusammenhang haben sich drei Reaktionsweisen programmiert: fight, flight or freeze.
Gleichzeitig  zur körperlichen Reaktion werden die Informationen an unser Bewusstsein weitergeleitet. Wenn wir also im Bewusstsein die Gefahr wahrnehmen, hat der Körper bereits reagiert und alles für die Kampf- oder Fluchtreaktion vorbereitet.

Man kann es sich so vorstellen wie ein Brandmelder in einem Geschäftshaus, wenn der Sensor reagiert wird sofort die Sprinkleranlage angestellt und parallel die Feuerwehr verständigt.

Stress - der Angreifer des zivilisierten Menschen

Welche Situation unser Nervensystem als Gefahr deutet, ist von Mensch zu Mensch sehr verschieden und hat viel mit unseren Erfahrungen, insbesondere denen aus unserer Kindheit, aber auch unserem aktuellen Befinden zu tun.
Unser Überlebens-Reflex-Nervensystem reagiert nicht nur in lebensbedrohlichen Situationen, diese haben wir in unserem Alltag in Europa ja eher selten, sondern auch in vielen anderen Situationen, typischerweise jede Form, die bei uns Stress auslösen kann. So können Überforderung, Unterforderung, Ärger, Unzufriedenheit, etc. dieses System aktivieren. Auch kleinere Reize können eine Aktivierung auslösen. Oft ist diese dann aber angepasst an die Größe des Reizes und kann z.B. gering ausfallen. 

Ein anschauliches Beispiel ist die, unter Stress bereitgestellte Energie in der Nackenmuskulatur. Bei geringem Stress kann diese so niedrig sein, dass wir sie erst spüren, wenn wir mehrere Tage oder Wochen in der Stresssituation verbringen.

Das Wichtigste ist nun, um die Zusammenhänge und Auswirkungen zu verstehen und zu Bedenken, dass wir in unserem Alltag in vielen Bereichen latenten, niederschwelligen Stressbelastungen ausgesetzt sind.
Dabei wird die eigentlich für körperliche Aktivität, wie Flucht oder Angriff zur Verfügung gestellte Energie für Stoffwechsel und Muskulatur aber nicht abreagiert, sodass sie sich verbrauchen kann,  sondern bleibt ungenutzt als Anspannung im Körper und Muskel bestehen. Die Folgen können wir tagtäglich spüren.
Im übergeordneten Blick, aus der "Metaebene", können wir die Funktion von Stressgefühlen besser verstehen.
Unabhängig von unserer bewussten Einschätzung mit dem Verstand zeigen Stressgefühle oder Stressreaktionen, dass wir uns im Inneren nicht wohl, oder sogar in unserem Selbst bedroht fühlen.
Statt Stressbewältigung oder Entspannungstraining wäre es dann wichtiger uns zu fragen: Was löst unsere Reaktion aus und was sagt mir mein Inneres damit.
Was bedroht unsere Entwicklung? Welchem Bedürfnis sollten wir mehr Raum geben? Zu welcher Verhaltensänderung sollten wir die im Stress bereitgestellte Energie nutzen?

Dies ist nur ein kleiner Aspekt, der aber sehr deutlich aufzeigt, wie eng unser alltägliches Leben mit Muskulatur und insbesondere dem Nackenbereich verknüpft ist.
Es ist deshalb wichtig darüber zu sprechen, wie wir unseren Alltag gestalten und wie sich das auf unsere Beschwerden auswirkt, sodass wir Zusammenhänge entdecken und ändern können.